der Paritätische Hessen informiert:
Ampel-Aus: Einschätzung zu Gesetzesvorhaben aus den Bereichen Gesundheit, Teilhabe und Pflege
Betrifft Altenhilfe, Ambulante Dienste, Gesundheitswesen, Palliativ
in einem offenen Brief an alle Betroffenen berichtet Marcella Schmidt, die Leiterin der Abteilung Gesundheit, Teilhabe und Pflege
im Paritätischen Wohlfahrtsverband über die Einschätzung der Referent*innen zur aktuellen Gesundheitspolitischen Situation.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Folge des „Ampel-Aus“ in der vergangenen Woche drohen nun auch einige Vorhaben aus den Bereichen Gesundheit, Teilhabe und Pflege keinen Abschluss mehr im Bundestag zu finden. Unsere Referent*innen im Gesamtverband haben uns ihre Einschätzung zur aktuellen Situation zusammengefasst. Diese stellen wir Ihnen hiermit zur Verfügung:
„Zahlreiche Gesetzesvorhaben befanden sich zuletzt im parlamentarischen Verfahren, u.a. das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), das Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit (u.a. Errichtung eines Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit), das Notfallgesetz, das Gesundes-Herz-Gesetz sowie das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG). Trotz der zuvor eingebrachten Kritikpunkte wäre der Nicht-Abschluss einiger dieser Vorhaben bedauerlich, nicht zuletzt deshalb, da sich einige vielversprechende Änderungsanträge (u.a. für das GVSG, die Stärkung der Öffentlichen Gesundheit und das Notfallgesetz) in Vorbereitung befanden, womit aus unserer Sicht richtige und wichtige Nachjustierungen vorgenommen werden sollten. Wir gehen momentan nicht davon aus, dass diese Vorhaben im parlamentarischen Verfahren weiter behandelt werden. Und auch dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), das bereits im Bundestag verabschiedet wurde, stehen nächste Woche schwierige Beratungen im Bundesrat bevor, die möglicherweise in der Anrufung des Vermittlungsausschusses münden könnten. Ungewiss wäre dann, ob das Vermittlungsverfahren vor den Neuwahlen zu einem konstruktiven Abschluss gebracht werden könnte.
Im Pflegebereich befanden sich zuletzt das Pflegekompetenzgesetz (PKG) sowie das Pflegeassistenzeinführungsgesetz (PflAssEinfG) im parlamentarischen Verfahren bzw. auf dem besten Weg dorthin. Auch hier ist in beiden Fällen nicht mehr mit einem Abschluss der Gesetzesvorhaben zu rechnen.
Einige andere Gesetzesvorhaben standen noch vor der Verbändeanhörung bzw. der ersten Befassung im Bundestag, u.a. das Gesundheitssicherstellungsgesetz, das Entbürokratisierungsgesetz, das Patientenrechtegesetz, das Apothekenreformgesetz, das Suizidpräventionsgesetz sowie die angekündigte Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG). Hier kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen werden, dass in der verbleibenden Legislatur keines der Vorhaben mehr durch den Bundestag kommen wird, genauso wenig wie ein zweites Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes. Lediglich zwei interfraktionelle Initiativen zur Neuregelung der Organspende (Widerspruchslösung vs. verbindliche Entscheidungslösung) könnten es vor Ende der Legislatur noch auf die Tagesordnung des Bundestags schaffen. Der interfraktionelle Antrag zur Kassenzulassung des nicht invasiven Pränataltests (Monitoring der Konsequenzen und Einrichtung eines Gremiums) wurde letzte Woche von der Tagesordnung des Bundestages genommen.
Zur Stabilisierung der Finanzlage in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) wurde nun anstelle der angekündigten Strukturreformen auf kleinere Anpassungen zurückgegriffen: Innerhalb der GKV durch die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze sowie des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes und innerhalb der SPV durch eine Erhöhung des Beitragssatzes per Rechtsverordnung.
Aktuellen Medienberichten zufolge soll Bundeskanzler Olaf Scholz am 16. Dezember die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und damit den Weg für die Auflösung des Parlaments freimachen. Neuwahlen sollen dann am 23. Februar 2025 folgen.
Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.“
Mit freundlichen Grüßen
Lisa Marcella Schmidt
Leiterin Abteilung Gesundheit, Teilhabe und Pflege
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V. (Der Paritätische)
Statement von Dr. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes:
„Das Ampel-Aus bietet die Chance, die Politik der Spaltung zu beenden und bislang blockierte Zukunftsaufgaben wie die Bekämpfung der Kinderarmut, die Sicherung der Renten und die sozial-ökologische Klimawende umzusetzen. Die demokratischen Parteien sind gefordert, schnellstmöglich mit dem Bundeshaushalt 2025 für soziale Sicherheit zu sorgen.
Jede Verzögerung gefährdet die Arbeit von gemeinnützigen Gesundheitsdiensten, Kitas, Pflegediensten, Beratungsstellen, Frauenhäusern und vielen anderen unverzichtbaren Initiativen. Freiwilligendienste, Projekte der Demokratieförderung oder Jugenddienste sind bei ausbleibender Unterstützung in ihrer Existenz gefährdet. Wenn Migrations- oder Sozialberatungsstellen schließen müssen und Alltagsdienste wegbrechen, werden Familien und Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, allein gelassen. Das hätte nicht nur massive Auswirkungen für die Betroffenen, sondern für Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt.
Soziale und politische Spaltung hängen zusammen. Nur ein stabiler und verlässlicher Sozialstaat garantiert eine funktionierende Demokratie.“
Quelle: https://www.paritaet-hessen.org/
07. November 2024
QUELLE
der Paritätische Gesamtverband, der Paritätische Hessen, November 2024
mehr unter: www.paritaet-hessen.org